Uni-Logo
Sie sind hier: Startseite Personen / People Dr. Martin Bemmann
Artikelaktionen

PD Dr. Martin Bemmann


   
 

Bemmann                                                  
               

Privatdozent

 

Professur für Wirtschaft-, Sozial- und Umweltgeschichte
Historisches Seminar
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Büro: KG IV, Raum 4406
Tel. +49 / (0)761 / 203 3445
Sekretariat: +49 / (0)761 / 203 3443
E-Mail: martin.bemmann@geschichte.uni-freiburg.de


Kurzvita

 

Martin Bemmann ist Privatdozent am Historischen Seminar der Universität Freiburg. In Forschung und Lehre befasst er sich mit der Wirtschafts- und Umweltgeschichte Europas seit dem 19. Jahrhundert in ihren globalen Bezügen, mit der Geschichte internationaler Organisationen sowie mit Aspekten der zeithistorischen Wissens- und Wissenschaftsgeschichte. Seine aktuelle Monographie untersucht die Genese internationaler Wirtschaftsstatistiken von 1850 bis 1950 und setzt sie in den Kontext der Globalisierungsgeschichte. Sein erstes Buch widmet sich aus wissens- und umwelthistorischer Perspektive Waldschadensdebatten in Deutschland von den 1890er bis in die 1970er Jahre. Die Relevanz des Internationalen Statistischen Instituts für die Entstehung global akzeptierter sozialwissenschaftlicher Konzepte sowie die Geschichte und Gegenwart der ‚ökologischen Modernisierung‘ stehen im Zentrum zweier von ihm (mit-)edierter Aufsatzsammlungen. 

Aktuell arbeitet Martin Bemmann an zwei größeren Vorhaben. Zum einen befasst er sich in einem ab Oktober 2023 von der DFG finanzierten Projekt mit der Forschungskooperation der sozialistischen Länder im Rahmen des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe in den 1970er und 1980er Jahren. Ziel ist es, die Genese transnational verflochtener Wissensgesellschaften im Kontext des Kalten Kriegs zu beleuchten, die Relevanz internationaler Organisationen für die Beziehungen sozialistischer Staaten zueinander besser einzuschätzen und die globalen Ambitionen der sozialistischen Länder aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Zum anderen untersucht er in einem längerfristigen Vorhaben aus wirtschafts-, umwelt- und verflechtungshistorischer Perspektive die Geschichte der industriell geprägten Holzwirtschaft Europas im ‚langen 20. Jahrhundert‘. 

Vor der Vertretung des Lehrstuhls für Europäische Geschichte an der LMU vertrat Martin Bemmann im Wintersemester 2022/23 die Professur für Neuere Geschichte an der Universität Gießen (F. Lenger) sowie im Sommersemester 2021 die Professur für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Freiburg. 2014 bis 2021 war er Akademischer Rat a.Z. an der Freiburger Professur für ostasiatische Geschichte. Zuvor arbeitete er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Universitäten Freiburg und Dresden. Stipendien erhielt er für Forschungsaufenthalte in Norwich, UK (2011), Freiburg (2016/17), Jena (2021) und München (2022). 2010 wurde er an der Universität Freiburg promoviert, wo er bereits von 2001 bis 2006 Geschichte und Europäische Ethnologie studiert hatte.

 

Wissenschaftlicher Werdegang

 

Seit Jan 2021
 
Privatdozent an der Professur für Wirtschafts-, Sozial- und Umweltgeschichte, Universität Freiburg
 
Apr-Sep 2023
 

Vertreter des Lehrstuhls für Europäische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, LMU München

Sep 2022-März 2023
 
Vertreter der Professur für Neuere Geschichte, Universität Gießen
 
Mai-Aug 2022
 
Wiss. Mitarbeiter, Profilfeld Nachhaltigkeit der Universität Freiburg
 
Jan-März 2022
 
Simone Veil-Fellow am Project House Europe, Ludwig-Maximilians-Universität München
 
Okt-Dez 2021
 
Fellow am Imre-Kertész-Kolleg, Jena 
 
Apr-Sep 2021 
 
Vertreter der Professur für Neuere und Neueste Geschichte. Universität Freiburg
 

Jan. 2021

Habilitation, Philosophische Fakultät, Universität Freiburg

2016/17

Junior Fellow, Freiburg Institute for Advanced Studies

2014-21

Akad. Rat a.Z., Professur für Außereuropäische Geschichte (Ostasien), Universität Freiburg

2013-14

Wiss. Mitarbeiter, Professur für Wirtschafts-, Sozial- und Umweltgeschichte, Universität Freiburg

2012-13

Wiss. Mitarbeiter, Professur für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, TU Dresden

2011-12

Freiberuflicher Historiker, Freiburg

2011

DAAD-PostDoc Stipendiat, University of East Anglia, UK

Okt. 2010

Promotion, Philosophische Fakultät, Universität Freiburg

2010

Wiss. Mitarbeiter, Rachel-Carson-Center for Environment and Society, LMU München

2007-09

Wiss. Mitarbeiter, DFG-Projekt „Und ewig sterben die Wälder“, Professur für Wirtschafts-, Sozial- und Umweltgeschichte, Universität Freiburg

2001-06

Studium der Neueren und Neuesten Geschichte, der Wirtschafts- und Sozialgeschichte und der Europäischen Ethnologie, Universität Freiburg

 

Stipendien und Auszeichnungen

 

Juni 2021   
              Dez. 2019

3-monatiges Simone-Veil-Fellowship des Project House Europe, München (für 2022);
 
6-monatiges Fellowship des Imre-Kertész-Kolleg, Jena (für 2021);
 

2016-17

10-monatiges Fellowship des Freiburg Institute for Advanced Studies;

Dez. 2012

Preis „Umweltbuch des Monats“ der Deutschen Umweltstiftung für die Monographie Beschädigte Vegetation und sterbender Wald. Zur Entstehung eines Umweltproblems in Deutschland, 1893-1970;

2011

6-monatiges PostDoc-Stipendium des DAAD für Großbritannien.

 

 

Forschungsinteressen und Forschungsprojekte

Forschungsinteressen

  • Umwelt-, Wirtschafts-, Global- und Wissensgeschichte
  • Beziehungen von ‚Ökonomie‘ und ‚Ökologie‘ in Industriegesellschaften
  • Geschichte Europas im 19. und 20. Jahrhundert in ihren globalen Bezügen
  • Geschichte internationaler Organisationen
  • Geschichte von Globalisierungsprozessen und von Integrationsprozessen in Europa
  • Wissensgeschichte der deutschen Amerikaemigration im 19. Jahrhundert

 

Aktuelle Forschungsprojekte

 

Die Wissenschaftlich-Technische Zusammenarbeit im Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe, 1971-1991

 

Solange der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) existierte (1949-1991), war die in seinem Rahmen koordinierte Wissenschaftlich-Technische Zusammenarbeit (WTZ) ein wichtiger Bestandteil der multilateralen Kooperation seiner bis zu zehn sozialistischen Mitgliedsländer. Gleichwohl hat sie bisher kaum historiographisches Interesse geweckt. Das Projekt soll dies ändern. Mit paradigmatischem Blick auf die DDR, Polen und die multilateralen Arbeitsgremien des RGW werden beispielhaft die WTZ im Bereich der Land- und Forstwirtschaft sowie des Umweltschutzes untersucht. Zeitlich liegt der Fokus auf den 1970er und 1980er Jahren, in denen die WTZ institutionell und personell deutlich ausgebaut wurde.

Das Projekt verspricht neue Erkenntnisse über die internationale Forschungskooperation der sozialistischen Länder miteinander und über deren Grenzen hinaus. Zudem wird es helfen, Handlungsspielräume der internationalen Organisationen sozialistischer Länder und deren Bedeutung für die Blockkohärenz besser einzuschätzen. Damit zielt das Projekt darauf ab, aktuelle Forschungsdebatten zu erweitern und zu differenzieren, die die Relevanz sozialistischer Staaten für die europäische und die Globalgeschichte der 1970er und 1980er Jahre neu bewerten.

 

 

Der europäische Holzwirtschaftsraum im 19. und 20. Jahrhundert
Zur komplexen Beziehungsgeschichte von ‚Ökonomie‘ und ‚Ökologie‘ in der Industriegesellschaft

 

Das Projekt bündelt umwelt-, wissens- und wirtschaftshistorische Perspektiven. Es widmet sich einem historiographisch bisher nur wenig beachteten Phänomen: der Herausbildung und Entwicklung eines ‚europäischen Holzwirtschaftsraums‘ im 19. und 20. Jahrhundert. Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass die materiellen Eigenschaften von Holz, die naturräumliche Struktur und die Klimabedingungen Europas sowie der Stand der Technik zur Folge hatten, dass die in den west- und mitteleuropäischen Industrieländern fast stetig (und bis heute) steigende Nachfrage nach Holz und Holzprodukten zum großen Teil aus Nord-, Ost- und Ostmitteleuropa gedeckt werden musste. Aufwändige Versuche, die Rohstoffversorgung geographisch und stofflich zu diversifizieren, insbesondere durch die Nutzung der holzreichen tropischen Wälder europäischer Kolonialgebiete in Afrika und Asien, schlugen weitgehend fehl. 

Die Arbeitshypothese des Projekts ist, dass aufgrund dessen und wegen der langen forstlichen Produktionszeiträume von 60 bis 200 Jahren in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein kontinentaler Holzwirtschaftsraum entstand, der über alle politischen und wirtschaftlichen Strukturbrüche hinweg bis in die 1960er Jahre hinein bemerkenswert stabil blieb. Politische Grenzen waren innerhalb dieses Raums zweifellos bedeutsam; viel wichtiger für seine Entstehung und Stabilisierung aber waren naturräumliche und klimatische Bedingungen. Das Projekt vereint wirtschafts-, unternehmens-, wissens- und umwelthistorische Perspektiven und verfolgt drei Ziele: a) die Industrialisierungsgeschichte Europas aus einer neuen Perspektive zu betrachten und insbesondere einen spezifischen Industrialisierungsweg zu charakterisieren, in dessen Zentrum die Holzwirtschaft stand; b) die staatliche wie privatwirtschaftliche Ressourcenpolitik in Hinsicht auf einen Rohstoff zu untersuchen, der für die Herausbildung der Industrie-, Wissens- und Konsumgesellschaften unabdingbar war, eine globale Diversifizierung der Rohstoffversorgung aber lange Zeit ausschloss; c) die komplexe, nicht auf Gegensätzlichkeiten reduzierbare Beziehungsgeschichte von ‚Ökologie‘ und ‚Ökonomie‘ an einem konkreten Beispiel empirisch dicht zu beleuchten.

 

Abgeschlossene Projekte

 

Exploring the International Statistical Institute

A Special Issue  

In past years historians have investigated the emergence of transnational expert communities in statistics and economics from the mid-nineteenth century onwards. A major object of their studies had been the International Statistical Congresses, a series of events which took place between 1853 and 1876. However, these congresses did hardly have the effects its founders had envisioned: the international standardisation of concepts and methods. Given the overall failure of the congresses it is rather surprising that its immediate successor, the International Statistical Institute (ISI), founded in 1885, has not attracted as much interest as the congresses. After all, the ISI has been a key institution for the shaping of international standards to statistically observe social phenomena ever since. 

By focusing on the ISI between the 1880s and the 1930s, this special issue aims to re-direct the attention of scholars and to assess the role of this organisation for international professionalisation and standardisation efforts in the field of official statistics. On the one hand, the contributions to the issue shed light on the relevance the ISI had for changes in the organisation and observation techniques of statistical authorities. This highlights the always present conflicting rationalities of scientific universalism and the necessary adaptation to regional/national peculiarities. On the other hand, contributors focus on the importance the ISI had for the international discussion and acceptance of certain social scientific concepts. This includes ‘international migration’, ‘[demographic] census’, ‘development’, ‘labour force’, ‘national income’ and ‘world economy’. All essays ask for the ISI’s actors, working procedures and the formal and informal networks which it made effective or ineffective. The issue pursues the hypothesis that the ISI played a major role in discussing and shaping these hugely influential concepts, but that it often did not have such an effect in a direct way.

Link

 

Weltwirtschaftsstatistik. Internationale Wirtschaftsstatistik und die Geschichte der Globalisierung, 1850-1950 (Habilitationsschrift; veröffentlicht: Berlin/Boston 2023)

 

Aus einer globalhistorischen Perspektive untersucht die Studie die Genese internationaler Wirtschaftsstatistik zwischen 1850 und 1950. Im Mittelpunkt steht damit ein bis heute zentrales Instrument der Generierung ökonomischen Wissens. Mich interessierte zum einen, welche Akteure aus welchen Gründen und mit welchen Mitteln versuchten, die ‚Welt‘ zähl- und damit lesbar zu machen. Die Akteurs- und Motivvielfalt sind dabei ein ebenso bemerkenswertes Ergebnis wie die von politischen und wirtschaftlichen Machtgefällen sowie von kulturellen Differenzen charakterisierte Etablierung und Entwicklung der nötigen Infrastrukturen. Zum anderen ging ich der Frage nach, inwiefern die dabei entstehenden Statistiken das globale Bewusstsein der Zeitgenossen beeinflussten. Die Darstellung grenzüberschreitender ökonomischer Phänomene und Prozesse in wirtschaftsstatistischen Ländervergleichen spiegelt zeitgenössische Verständnisse von globalen Zusammenhängen ebenso wider, wie sie solche prägte und veränderte.

Die Studie zeigt darüber hinaus, wie die internationale Statistik sowohl Folge, Symptom und Katalysator von Globalisierungsprozessen im materiellen und diskursiven Sinne war als auch gleichzeitig Nationalstaatsbildungen Vorschub leistete. Hervorzuheben ist vor allem das Ergebnis, dass wirtschaftsstatistische Ländervergleiche aufgrund methodischer und darstellerischer Gründe mit einer diskursiven Egalisierung aller betrachteten Länder einherging, zu denen seit dem 19. Jahrhundert, vor allem aber ab dem Ersten Weltkrieg auch politisch abhängige Territorien gehörten. Sie ebneten so einer bis heute politisch wirksamen Weltwahrnehmung den Weg, die den Globus als Summe formal gleichartiger Länder imaginierte, welche sich in erster Linie hinsichtlich ihres sozioökonomischen Entwicklungsstandes voneinander unterschieden. Globale Ungleichheiten wurden dadurch nicht mehr qualitativ, sondern quantitativ repräsentiert und erschienen so grundsätzlich verminderbar.

 

Beschädigte Vegetation und sterbender Wald. Zur Entstehung eines Umweltproblems in Deutschland, 1893-1970 (Dissertationsschrift; veröffentlicht: Göttingen 2012).

 

Diese Monographie entstand im Rahmen des Freiburger DFG-Projekts Und ewig sterben die Wälder (2006-2009). Sie konzentriert sich auf die Frage, wie in Deutschland zwischen den 1890er und 1970er Jahren im Zusammenspiel von wissenschaftlicher Forschung, öffentlichen Debatten und politischem Diskurs bereits bekannte Waldschadensphänomene diskursiv als gesellschaftlich relevante Umweltprobleme gerahmt wurden. Aus einem Problem von Waldbesitzern und Industriellen, das rechtlich einhegbar und wissenschaftlich-technisch lösbar erschien, wurde im Laufe der Zeit ein gesellschaftliches Problem, das nur politisch adressiert werden konnte. Eine zentrale Erkenntnis der Studie ist, dass nicht Expertenwissen ausschlaggebend für diese neuartige Problematisierung war, sondern Wissensbestände, die sich auf Alltagserfahrungen und populäre Darstellungen stützten.

 

 

What Did They Know? A Miniseries on Prospective Baden Migrants and Their Knowledge of America in the 1870s and 1880s

 

In the summer term 2021 I conducted a course at the University of Freiburg that asked what ordinary Badeners could know about ‘America’ in the nineteenth century. Individually, the participants of this course researched sources on one or two aspects related to this topic, compiled them into a source collection and introduced them with a research-based introduction. 

After the end of the course, the students revised their texts considerably, translated them into English and prepared them for publication within the blog Migrant Knowledge, hosted and edited by the German Historical Institute, Washington, D.C.

The papers can be read here.

 

 

Vollständige Publikationsliste

 

 

Benutzerspezifische Werkzeuge