Luca Leitz-Schwoerer und Viktoria Sauter (Freiburg): Vorstellung der Bachelorarbeiten
Wir laden Sie herzlich zu unserer nächsten Kolloquiumsveranstaltung mit Luca Leitz-Schwoerer und Viktoria Sauter am 25. April 2024 ein. Luca Leitz-Schwoerer und Viktoria Sauter werden ihre Bachelorarbeiten zur Auswanderungsgruppe der „Achtundvierziger“ (engl. forty-eighters) in den USA des 19. Jahrhunderts und zu populistischer Rhetorik in der kubanischen Tageszeitung Granma nach 1989 vorstellen. Für mehr Informationen zu den Inhalten der Vorträge siehe die beiden Abstracts unten.
Die Veranstaltung findet von 18:15–19:45 Uhr in Raum 4429 (KG IV) statt.
Alle Interessierten sind herzlich willkommen!
Luca Leitz-Schwoerer (Freiburg): „Ubi libertas, ibi patria“. Die Achtundvierziger und Vergleiche zwischen Amerika und Deutschland vor dem Hintergrund der Sklaverei in Briefen deutscher Auswanderer vor und zu Beginn des amerikanischen Bürgerkrieges
Die transatlantische Vernetzung Nordamerikas mit Europa offenbart sich in einem historisch weit zurückreichenden, medial vielfältigen Austausch von Informationen und findet seinen Ausdruck mitunter in reger Zuwanderung aus Europa. Diese vollzieht sich häufig in Auswanderungswellen im Zuge politischer Ereignisse oder Prozesse, wie es auch nach der Niederschlagung der Deutschen Revolution im Jahr 1848 und den darauffolgenden Jahren der Fall war. Zehntausende Menschen breiter Bevölkerungsschichten flohen bzw. migrierten bis zur Mitte der 1850er-Jahre aus dem krisenbehafteten, von vielen als monarchisch und aristokratisch wahrgenommenen deutschen Bund in das „land of promise“ – so auch die treibenden demokratischen und liberalen Kräfte der Revolution, die in der USA Exil und Schutz vor Inhaftierung und Verfolgung preußischer Truppen suchten. Teile dieser heterogenen, im engen Sinne als „Forty-Eighters“ bzw. „Achtundvierziger“ bezeichneten Gruppe von Aufständischen sahen in der USA einen Staat ohne feste Elite und Aristokratie; einen fortschrittlichen, modernen Nationalstaat ohne Geschichte des Feudalismus, der auf einer aus der Vernunft abgeleiteten Verfassung sowie einer freiheitlichen, selbstbestimmten Gesellschaftsordnung basierte. Dem entsprechend wurde die nordamerikanische Staatsform von einigen bereits in der Nationalversammlung als mögliches Modell für einen deutschen Staat gesehen. Die romantisierten Bilder der amerikanischen Gesellschaft wurden für den Großteil der Achtundvierziger allerdings rasch durch die Erkennung der Sklavenwirtschaft der Südstaaten als „Schandfleck der Republik“ getrübt. Durch politische Arbeit verschiedener Gruppen und Individuen, wie die Gründung von Zeitungen und politischen Blättern sowie teilweise radikalen und militanten Protesten, sollte auf die Unvereinbarkeit der als aristokratisch und feudal wahrgenommen Gesellschaftsstruktur der Südstaaten mit der modernen, freiheitlichen Gesellschaftsform des industrialisierten Nordens hingewiesen werden. Im Sezessionskrieg in den Jahren 1861 bis 1865, in welchem die Sklavenstaaten aus der USA austraten und sich zur Konföderation formierten, fand eine direkte oder indirekte Beteiligung vieler deutscher Einwanderer statt, die zum Großteil auf der Seite der Nordstaaten, der Union, kämpften. In einigen Auswandererbriefen dieser Menschen verschiedener Klassen und Bildungsniveaus finden sich Äußerungen zu Freiheit und Sklaverei, die selektiv untersucht werden sollen, um aufzuzeigen, in welchem Maße die politische Agitation der Achtundvierziger in breiten Bevölkerungsschichten Anklang gefunden haben könnte. Zudem wird erarbeitet, inwiefern eine ideologische Prägung der Verfasser zu erkennen ist und wie diese sich darstellt. Es soll die Frage aufgeworfen werden, ob und wie die eigene Beteiligung im Sezessionskrieg und die Ablehnung der Sklaverei von verschiedenen Verfassern als Kontinuität zu den Kämpfen gegen aristokratische und monarchische Strukturen in der alten Heimat wahrgenommen wurde. Durch Vergleiche zwischen Europa und der USA, die von einigen Verfassern angestellt werden, soll zudem auf die wissensgeschichtliche Dimension der Kontrastierung bzw. Inkongruenz von in Deutschland verbreiteten Amerikabildern zu lebensweltlichen Erfahrungen von Auswanderern in der neuen Heimat hingewiesen werden.
Viktoria Sauter (Freiburg): Populismus außerhalb der Demokratie: Populistische Rhetorik in der kubanischen Tageszeitung „Granma“ nach 1989
Während die Presserhetorik der DDR in der Forschung bereits umfangreich diskutiert wurde, fehlt es für Kuba an historischen Analysen. Auch nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Blocks lassen sich reißerische Parolen, gepaart mit dem Feindbild der USA und dem patriotischen Bezug auf das Volk, in der kubanischen Tageszeitung Granmawiederfinden. Der Vortrag gibt im Rahmen der Bachelorarbeit Einblicke in das offizielle Presseorgan der Kommunistischen Partei Kubas nach 1989. Das Narrativ, das die Zeitung Granma etabliert, ähnelt in auffälligem Maße populistischer Rhetorik. Ziel ist es, zu überprüfen, inwiefern die Argumentationsmuster der Granma populistischen Argumentationsstrukturen entsprechen und wie diese genutzt wurden. Dafür werden Artikel aus der Nationalbibliothek Havanna mit kommunikativen Merkmalen des Populismus verglichen, um Aufschluss über Argumentationsmechanismen in der Granma zu erlangen.